Das Problem war, dass der Herr Dauscherl 33 Leberknödel gekocht hat. Und dass es die Frau Dauscherl, seine Frau, der Mama erzählt hat. „Wissen’s, die sind für morgen, wenn die Verwandtschaft kommt.“ Richtig geschwärmt hat sie, wie ihr Mann die Leber am Stück gekauft und durch den Fleischwolf gedreht hat. Mit soviel Liebe mache das ja heutzutage kaum jemand mehr.
Mama ist die Nachbarin von den Dauscherls, das nimmt sie sehr ernst. Jeden Abend, wenn sie die Zeitung ausgelesen hat, geht sie rüber und legt sie ihnen auf den Fußabstreifer. Die Frau Dauscherl hat keinen Führerschein, muss aber oft nach Weßling, weil da ihre Tochter und die Enkel wohnen. Verpasst sie den Bus, rennt Mama in die Garage, holt das Auto, rast mit Frau Dau scherl zur S-Bahn. Im Sommer fahren die Dauscherls immer zwei Wochen in Urlaub, in den Odenwald. Derweil gießt Mama die Blumen und passt auf das Haus auf. In der Früh kurbelt sie die Jalousien rauf, am Abend wieder runter. Vierzehn Tage lang. Jedes Jahr. Seit über 30 Jahren.
Und nach der ganzen Zeit bringen ihr die Dauscherls nicht einmal einen Leberknödel vorbei. Von 33. „Dabei hab’ ich ihr noch gesagt: Mmmh, so schöne selber gemachte Knödel. Und richtig hungrig gestellt hab’ ich mich.“
Jetzt redet Mama nicht mehr mit den Dauscherls. Zeitung trägt sie auch keine mehr rüber. Und wenn die Frau Dauscherl das nächste Mal den Bus verpasst, dann soll sie schauen, wer sie auf die S-Bahn fährt.
Wenn man Mama fragt, warum sie nicht einfach um einen Leberknödel gebeten hat, wird sie ärgerlich. „Da muss man nicht extra drum bitten. Ich hätte denen auf jeden Fall ein paar Knödel vorbei gebracht. Das ist doch selbstverständlich.“
Geteilte Freude ist doppelte Freude, heißt das Sprichwort. Aber wer denkt schon an sowas beim Leberknödelkochen?
2 Kommentare:
Bub, aus dir wird noch was. Lieben Gruß, die Fränkin.
bin jetzt auch blogger.
unteressfeld.blogspot.com
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