20.10.10

Ein neues Du

Er grüßt nicht. "Hier ist Niko", sagt er, "ich fahr jetzt los." Ich antworte noch, das sei gut, aber da hat er schon aufgelegt. Nach einer Viertelstunde biegt ein blauer Corsa in die Einfahrt. Der Mann, den ich eigentlich nicht duze, steigt aus. Grauer Mechanikeranzug, hellbraune Herren-Slipper. Grieche. Er zündet sich eine Zigarette an.

"Und? Springt er an?" - "Wahrscheinlich nicht." - "Wir probieren." Ein Golf. Anthrazitfarben. Deutsch. Der Schlüssel dreht sich im Schloss. Stille.

Zwei Jahre ist er schon abgemeldet. Ein Auto reicht schließlich, wenn beide mit dem Rad zur Arbeit fahren. Außerdem: Mein schöner Alfa! Italienisches Design! Ganz in schwarz! Leder-Sportsitze! Rassig!

"Der Alfa ist Schrott", sagt Niko, als er ihn sieht. "Sei froh, wenn du ihn für ein paar hundert los wirst."

Ganz ruhig sagt er das, beiläufig, ohne Gesichtsausdruck, wie er alles macht. Den Zündschlüssel drehen. Eine Zigarette rauchen. In die Sonne blinzeln.

Ich stelle mir vor, neben ihm zu sitzen. Zu rauchen, während er fährt. Irgendwohin, nach Griechenland, warum nicht? Schweigend durch das Sonnenlicht. An Wiesen vorbei. Wäldern. Bergen. Dörfern.

Der Golf springt an. "So ein gutes Auto! Warum bist du nicht gefahren?" - "Ich weiß auch nicht, ich dachte, ich nehm erstmal, und dann, also, ich hab mir das nicht so genau überlegt." Keine Reaktion. Keine Verachtung, kein Verständnis. Kein neuer Gesichtsausdruck.

"Ich mach dir TÜV. Übermorgen fertig." Er fährt weg. Den Corsa lässt er im Hof stehen. Bevor ich hoch gehe, streiche ich mit der Hand über die Rücklichter. Langsam. Beiläufig.

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